Film eintesten, was soll ich mit diesem Ergebnis anfangen?

  • Hallo Uwe,
    ich vergaß zu sagen, dass es sich um simple unbearbeitete Scans von Testprints (ohne Abwedeln oder Nachbelichten) handelt. Lediglich die Gradation und die Belichtungszeit kamen bereits meinen Vorstellungen nahe. Die Negative wurden N+1,5 belichtet und entsprechend entwickelt. Papier Ilford Multigrade IV.
    ciao, Maik

  • Hi Maik, deine Entschuldigung nehme ich an – is ok. Also vertragen wir uns wieder.
    Ja, das geschriebene Wort klingt immer härter als das gesprochene – gilt auch für mich.

    Wenn man sich die Zugriffszahlen zu diesem Thread anschaut, kann man feststellen, dass hier einige interessierte Leute zum Thema „Zonensystem“ mitlesen. Ich nehme an, dass darunter welche sind, die mit der Belichtungsmethode „nach Werksangaben“ unzufrieden sind und wissen wollen, ob die Methode „Zonensystem“ eine Alternative sein kann. Jeder der mit dem Fotografieren angefangen hat, hat mit der Belichtungsmethode „nach Werksangaben“ angefangen – jeder (auch ich), außer diejenigen, die eine Fotografenlehre begonnen hatten, wo der Meister sagte, nee, Junge, belichte mal so. Es ist unbestreitbar, dass man mit dieser Methode auch technisch gute Negative bekommt. Hatte ich auch, aber es gab auch schlechte Negative wie zugelaufene Schatten oder ausgefressene Lichter oder beides. Meine Schnee-Aufnahmen waren immer mehr oder weniger grau. Oder dunkle Szenen waren mehr Mittelgrau als Dunkelgrau. Keiner im Fotoclub sagte mir damals, der Belichtungsmesser hat als Bezugspunkt ein Mittelgrau und korrigiere die Belichtung bei Schnee nach oben. Ich hätte damals gesagt, wieso, es wird doch schon viel Licht reflektiert. Keiner wusste wie Belichtungsmesser funktionieren, man macht halt eine Belichtungsreihe. Andere sagten, nimm einen anderen Entwickler oder einen anderen Film – was ich machte, ich war ja ein Anfänger. Es war ein Eiertanz. Ja, es gab immer wieder gute Negative, aber auch immer wieder schlechte Negative. Die schlechten kamen immer unverhofft, die guten eigentlich auch – es war keine Konstanz drin, bis ich in einer Fotozeitschrift über das Zonensystem las. Ich bin nie wieder zur Methode „nach Werksangaben“ zurückgekehrt.

    Was in diesem Thread jetzt interessant wäre, ist, die Vorteile und/oder Nachteile des Zonensystem gegenüber anderen Belichtungsmethoden, wie z.B. Lichtmessung oder die Methode „pi-mal-Daumen“ per Fakten zu nennen.. Ich kenne Fotografen, die mit „pi-mal-Daumen“ richtig belichten können. Ich kann das leider nicht, ich brauche Hilfsmittel wie den Belichtungsmesser. Vielleicht gibt es hier Mitleser, die den Vorteil oder Nachteil einer Belichtung nach Werksangaben oder der Lichtmessung an einem Beispiel hier vorstellen können. Und die sich nicht mit Allgemeinplätzen begnügen, wie es macht gute Negative.


    @ Uwe

    vielen Dank für deinen ausführlichen und fachlichen Beitrag. Wenn ich deinen Text richtig verstanden habe (ich bin kein Chemiker, ich bemühe mich aber trotzdem, ihn zu verstehen), bedeutet dies für mich, dass eine Verdünnung kein feineres Korn bringt. Richtig? Korrigiere mich, wenn ich falsch liege.

    Unter der Voraussetzung „Verdünnung = kein feineres Korn“ könnte man annehmen, es wäre besser den Film in einer Stammlösung zu entwickeln, wenn man feines Korn will und nicht mit der Entwicklungszeit unter 5 Minuten liegt. Oder spielen andere Faktoren wie z.B. Feinkornentwickler auch eine Rolle? Ich weiß, für einen Experten wie dich sind das naive Fragen, aber meine Neugier treibt mich dazu, sie zu stellen.

    Gruß
    Harald

  • > Verdünnung = kein feineres Korn“ könnte man annehmen, es wäre besser den Film in einer Stammlösung zu entwickeln, wenn man feines Korn will und nicht mit der Entwicklungszeit unter 5 Minuten liegt.

    Für einen gegebenen Entwickler ist das idR richtig Ausnahmen sind Rodinal, Microdol X (gibts nich mehr) und der CG-512. Die letzteren beiden sidn Nur-Metol-Entwickler ohne Redoxsystem.

    > Oder spielen andere Faktoren wie z.B. Feinkornentwickler auch eine Rolle?
    Die Wahl des Entwicklers spielt eine größere Rolle als die Verdünnung. Es git weitere silberlösende Substanzen, bis hin zu Thiosulfat. All das führt zu langsamerem Kornaufbau. Damit holt man sich einen Nachteil ins Boot - das "Matschkorn": Wenn das Korn einmal sichtbar wird, dann sieht es matschig-rundgelutscht aus. Das ist nicht jedermanns Sache.

  • Sorry, Uwe,

    es hat etwas länger gedauert, aber ich arbeite gerade an meinen Projekten. Rundgelutschtes Korn wird wohl auch unter meinen Negativen dabei sein. Ich mache mir aber keine Sorgen, denn was am „Ende des Tages“ wirklich zählt, ist der Inhalt der Fotografie. Korn gehört ohne Frage zur „Sprache“ der Fotografie dazu. Es ist ein Stilmittel, aber der Magie eines Fotos ist es egal, ob es scharf oder rundgelutscht ist.

    Ich würde mit dir kurz über Film/Entwickler-Kombinationen quatschen. Es könnte ein guter Abschluss zu diesem Thread sein. Über die Belichtungsmethode „Zonensystem“ ist ja schon alles gesagt worden und junge Mitleser könnten vielleicht ein paar gute Tipps zu einer Film/Entwickler-Kombination gebrauchen, ohne jetzt in eine Diskussion zu rennen, wo jeder schreibt, nimm diese Kombination; nein, nimm diese, usw. Ich finde es gut, wenn es eher allgemein bleibt.

    Eine Kombination möchte ich gern trotzdem herausheben: Legendär ist ja die Kombination „Tri-X/D-76 (1:1)“. Viele berühmte Fotografen arbeiteten und arbeiten immer noch mit dieser Kombination – einige sind auch zu Tmax 400/D-76 (1:1) gewechselt. Was ist aus deiner „Chemiker-Sicht“ so einmalig an dieser Kombination. Geschmack allein kann es nicht nur sein. Passen die beiden deshalb so gut zusammen, weil sie aus einem Hause kommen? Tri-X ist berühmt für seine Grauwertabstufungen und seiner Schattendurchzeichnung, aber was ist das Besondere an D-76? Ist der Entwickler ein guter Kompromiss zwischen den drei Parametern: Korn, Schärfe und Empfindlichkeit, also ein Standard-Entwickler? Spezial-Entwickler neigen dazu einen Parameter zu favorisieren und die anderen beiden zu vernachlässigen. Die Frage ist: lieber einen Standard- als Spezial-Entwickler nehmen?

    In deinem Thread „Atomal und seine Nachkommen: . . .“ wird der neue „Wehner-Entwickler“ erwähnt. Ist er ein kommender „Star“ am Entwickler-Himmel? Was ist das Besondere aus deiner Sicht an diesem Entwickler? Und ich frage etwas ketzerisch, welcher Film passt denn nun wirklich zu ihm, er kommt aus keinem Haus der Film-Hersteller? Ist das vielleicht ein Vorteil?
    Einige Mitforenten haben diesen Entwickler schon getestet und sind begeistert. Ich habe ihn mir auch gekauft, man muss sich ja eine eigene Meinung bilden, aber wegen Zeitmangel konnte ich ihn noch nicht testen.

    Gruß Harald

  • Hallo Harald,
    ich hab lange nichts mehr hören lassen.
    Bin am lernen - fotografieren - testen - Lehrgeld zahlen :) Hab mittlerweile alle 3 Ansel Adams Bücher und das Adrian Bircher Buch zur Belichtungsmessung gelesen.
    Besonders das Bircher Buch kann ich allen die es genau wissen wollen nur empfehlen, tief, knackig und wenig Laberrhabarber!

    Wenn ich meine getestete Film/Entwickler Kombi gefunden habe, melde ich mich nochmal.

    LG Frank

  • LIeber Harald,

    D76/ID11 ist der am weitesten verbreitete Entwickler. Jeder Film musst emit diesem auch klarkommen, Fotolabore haben ihn oft genommen. Das ist wohl der Grund, dass er auch von Fotografen viel eingesetzt wurde: Überall verfügbar, preisgünstig, ggf. seit der Jugend bekannt.

    Zum Wehner-Entwickler:Klaus ist da wirklich etwas besonderes gelungen. Es ist aus meiner Sicht kein Wunderentwickler, wie man ihn sich vielleicht erträumt. Aber er kann alles ein klein wenig besser: Ein bißchen mehr Empfindlichkeit (vielleicht 1/3 Blende) als der bisherige Favorit, ein wenig feineres Korn als der beste Feinkornentwickler (dies beides kann A49 auch) UND scharfes Korn, hohe Bildschräfe auf Rodinal-Niveau.

    Du kannst diesen langen Diskussions-Zwirn durchlesen: Die meisten sind mit "ihrem" Film und diesem Entwickelr zufrieden. Es gibt also nicht den einen Film, der dazu besonders gut passt.

  • @ Frank,

    schön, dass du wieder da bist. Ja, Wissensansammlung durch Lesen hat noch nie geschadet – kostet nur etwas Zeit.

    Ein Tipp zum Finden einer Film/Entwickler-Kombi:
    Wenn du verschiedene Kombis geeicht hast, mache mit diesen Kombis ähnliche Vergleichsaufnahmen und vergrößere sie, jeweils nur eine Aufnahme, bei Rollfilmformat auf 50x60cm, bei KB auf 30x40cm, auf dein Lieblings-Fotopapier. Wenn du 50x60cm nicht selbst verarbeiten kannst, lass es von einem Fotolabor deiner Wahl machen. Ja, es kostet Geld, aber momentan ist es nicht sexy, sein Geld auf der Bank liegen zu lassen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, dass die kleinen Unterschiede der Kombis bei dieser Größe sichtbarer werden.

    Hänge sie nebeneinander an die Wand oder lege sie auf einen Tisch. Beleuchte sie gleichmäßig und schaue sie dir zu unterschiedlichen Tageszeiten bzw. Tagen an, denn du bist nicht immer in der gleichen emotionalen Verfassung. Mit der Zeit wird sich ein Favorit herausbilden und du triffst dann für dich die richtige Entscheidung. Einmal getroffen und du wirst nie wieder ernsthaft über eine neue Kombi nachdenken.

    Das ist gut so, denn du hast jetzt den Kopf frei für die kreativen Inhalte der Fotografie. Hilfreich hierbei ist es auch, seinen Workflow drastisch zu vereinfachen:

    ein Film, ein Entwickler, eine Kamera, ein Objektiv, ein Genre, ein Thema.

    Die Schwierigkeit wird sein, ein Genre bzw. ein Thema zu finden, an dem man über einen längeren Zeitraum (vielleicht ein Leben lang) ein Interesse hat. Berühmte Fotografen haben immer nur in einem Genre gearbeitet, es gibt aber ein paar Ausnahmen. Spontan fällt mir hierzu Irving Penn und Richard Avedon ein. Beide waren berühmt für ihre Portrait- und für ihre Mode-Fotografie. Ansel Adams machte auch Portraits, aber berühmt war er nur für seine Landschaftsaufnahmen. Weitere Beispiele ließen sich finden.

    Ich bin mir sicher, dass du dein Genre/Thema finden wirst und viel Erfolg bei deiner weiteren fotografischen Entwicklung.

    LG Harald


    @ Uwe,

    vielen Dank für deine Einschätzungen.

    Ja, deinen Monster-Thread habe ich gelesen und es hat mich auch Zeit gekostet, aber es geht nun mal nicht anders, wenn man sein Wissen vermehren will. Aufgrund der Begeisterung der Mitforenten, denke ich auch, dass der „Wehner-Entwickler“ einen Versuch wert ist. Ich lass mich gerne überraschen.

    LG Harald

  • Hi, Harald, Frank und natürlich Uwe;

    - in der Zeit, in der ich diesen hypothetischen und theoretischen Mammut-thread lesen könnte, habe ich, beispielsweise gestern wieder, zwölf oder zwanzig Vergrößerungen von zwei unterschiedlichen Filmen und mehreren unterschiedlichen Motiven vergrößert.

    Dann hättest Du am Ende erheblich mehr für Dich gelernt, als mit dem proto-wissenschaftlichen Theorie-Texten.

    Photographie ist und bleibt Praxis, wie Auto-fahren - oder leben selbst. - Das steht in keinem Drehbuch; die geben nur eine gewisse Orientierung; am Ende stehst Du aber immer selber in der Dunkelkammer - und Du selbst und vielleicht Deine Frau oder Freunde loben Deine Photos, die DU selbst vergrößert hast - und nicht die meilenlangen, theoretischen TExte, die hier manchmal Leute einstellen, die selbst nur an Jubiläumstagen vergrößern.

    Mit Uwe teile ich die Ansicht über Klaus Wehners Film-Entwickler! - Ja! Das ist vielleicht kein "Wunderentwickler", aber meine Entwicklungen haben mit ganz unterschiedlichen Filmen regelmäßig vergleichbare Ergebnisse gezeigt, wie die Feinstkorn-Entwickler Kodak Microdol - oder Ilford Perceptol. Dabei ist aber Klaus Entwickler viel schneller angesetzt - und der macht auch damit richtig viel Spaß! - Da kannst Du müde vom Arbeitstag heimkommen und dann mal eben noch einen Film vom Vortag entwickeln - und weißt, der wird wirklich sehr gut!!


    Euch allen hier viel Spaß - vor allem beim Vergrößern!!! - Das ist durch keine langatmige Theorie zu ersezten!


    Jan-Peter

  • Photographie ist und bleibt Praxis, wie Auto-fahren


    Jan-Peter

    Gerade beim Autofahren kommt man aber nicht umhin, sich auch einmal mit der Theorie und ein paar Regeln auseinanderzusetzen. An einige davon sollte man sich Gerüchten zufolge sogar halten, um die Tätigkeit weiter ausüben zu können.
    Soll jetzt natürlich kein Plädoyer gegen die Praxis sein, aber ein wenig Auseinandersetzung mit dem, was Andere herausfinden, kann langwierige Irrwege ersparen.

    LG Ralph

  • Hallo,
    ob ein Threat wie der über den Wehner- Entwickler wirklich weiter hilft wage ich zu bezweifeln. Der ist teilweise "ätzend" und verwirrend.
    Ich denke die längsten Irrwege bin ich deshalb gegangen, weil ich den Postulaten der Gurus gefolgt bin. Beispiele: Es muss eine Leica M sein, HCB hatte auch eine. Eine Kamera, ein Film, ein Objektiv usw., weil E. Weston es gesagt hat. Der Tri-X ist der Film, D76 der Entwickler, und zusammen ist das die Kult- Kombi. Schatten in Zone III....Die Liste ließe sich noch fortsetzen. Bei mir ist nichts mehr davon geblieben. Warum? Viele Bilder von Cartier-Bresson sind schlicht genial. Aber ist dies auch meine Art zu fotografieren (Streetphotography)? Nein! Und das Zitat von Weston? Ist aus dem Zusammenhang gerissen und richtete sich eher an Anfänger in der Fotografie. Tri-X/D76, ist nach meiner Meinung ein (übernommener) amerikanischer Kult, wie Apx100/Rodinal ein deutscher und irgendeine Ilford-Kombi ein englischer ist. Allesamt brauchbar und gut, aber eben nicht mein Geschmack. Das Zonensystem? Es verlangt eher betuliche Motive wie bei Sachaufnahmen, in Wald und Flur sowie in der Architektur. Auch dies ist nicht meine Art zu fotografieren. Unterm Strich möchte ich dem Harald zustimmen wenn er sagt, dass man sein Sujet finden sollte. Allerdings bin ich aus meiner Erfahrung heraus dazu geneigt, dies außerhalb der geltenden Postulate zu tun. Von daher verstehe ich die Aussagen von Jan-Peter eher als einen Appell nach Eigenständigkeit.
    ciao, Maik