reinigen und justieren eines Voigtländer Kristallsucher-Entfernungsmessers

  • Einen Voigtländer Kristallsucher-Entfernungsmesser reinigen und justieren

    Ich wurde in der Vergangenheit schon öfters gefragt, ob ich dazu eine Anleitung schreiben könnte, um diese nicht jeder Person einzeln schreiben zu müssen,
    habe ich mich entschlossen diese hier öffentlich im Forum zu platzieren.

    Der Voigtländer Kristallsucher ist ein wahres Meisterstück: Abbildungsmaßstab 1:1, hell, gut sichtbarer Leuchtrahmen und je nach Modell wird einem Nadel und Zeiger des Belichtungsmessers eingespiegelt, einfach ein wahrer Genuss für den Fotografen…

    Jedoch tritt, wie bei vielen Kameras, häufig das Problem auf, dass der Messfleck des Entfernungsmessers nicht mehr oder nur noch leicht zu erkennen ist.
    Eine dejustierung tritt seltener auf, da der Entfernungsmesser kaum bewegliche Teile besitzt, dennoch ist ein gut sichtbarer und justierter Entfernungsmesser eine wichtige Voraussetzung für scharfe Nahaufnahmen.

    Bei folgenden Voigtländer Kameras wurde der Kristallsucher in Kombination mit einem Entfernungsmesser angeboten:
    -Vitomatic II/IIa/IIb/IIIb/IICS/IIICS
    -Vito BR/CLR/Automatic R/CSR?
    -Dynamatic II

    Alle Kameras dürften ungefähr den Gleichen Sucher und Entfernungsmesser haben, allerdings können Abweichungen zu meinem Beispielmodell,
    einer Vitomatic IIa mit Color-Skopar Objektiv, vorhanden sein.

    Da ich auch eine Anfrage aus den USA erhalten habe, hebe ich unterschiedliche Arbeiten farblich hervor, so dass es auch Menschen, welche keine Deutschkenntnisse besitzen,
    möglich sein sollte die Arbeiten auszuführen.
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    Teil 1

    rot/red = entfernen/remove

    gelb/yellow = reinigen/clean

    grün/green = justieren/adjust

    Als erstes muss die Deckkappe entfernt werden, dies ist verglichen mit anderen Kameras sehr einfach.

    Die Deckkappe wird von drei Schrauben gehalten (rote Pfeile), die eine Schraube ist hinter dem Schnellspannhebel versteckt.


    IMG_1051 2.jpeg


    Nachdem die Schräubchen gelöst wurden, die Deckkappe vorsichtig abheben.
    Nun wird die Sicht auf das technische Wunderwerk frei.
    Als nächstes den Rahmen mit der Aufschrift „Voigtländer“ entfernen, dazu die rot eingekreiste Schraube lösen.
    IMG_0633 2.jpeg


    Jetzt muss der Belichtungsmesser entfernt werden.
    Dazu die vier, rot eingekreisten, Schrauben entfernen, die eine sitzt etwas versteckt hinter dem Selen-Element.
    Nun den Belichtungsmesser vorsichtig entfernen.

    pasted-image.jpeg

    Die Blockbauweise ist eine erhebliche Erleichterung beim De- und Montieren der Kamera.

    Um den Sucher demontieren zu können muss vorher der Rückspulknauf entfernt werden, dazu einfach die Schraube an der Oberseite entfernen.

    IMG_1057 2.jpeg


    Das gelb Markierte Ding ist der Spiegel, welcher Nadel und Zeiger des Belichtungsmessers in den Sucher einspiegelt.
    Der Spiegel sollte auf jeden Fall vor Einbau des Belichtungsmessers gereinigt werden.
    E2 ist die Höhenverstellung des Entfernungsmessers, später noch interessant.

    IMG_0638 2.jpeg

    Jetzt kommt der heikelste teil der Aktion: Sucher entfernen!
    Die zwei Schrauben des Bleches entfernen und die Feder aushaken (roter Kreis)

    Der Sucher ist an der Unterseite festgekittet, also vorsichtig am Sucher wackeln, damit er sich löst.
    Nun den Sucherblock vorsichtig nach links herausziehen.


    Teil 2 folgt!

    Minolta, Minolta, Minolta! :D

  • Teil 2

    Die gelb eingekreisten Flächen müssen gereinigt werden:
    1= Fenster des Entfernungsmessers
    2= Linse des Entfernungsmessers
    3= Eintrittsöffnung für das Licht in den Sucher

    pasted-image.jpg

    IMG_0645 2.jpeg


    E1 = Horizontale Verstellung
    E2 = Senkrechte Verstellung

    Der Entfernungsmesser kann nur im eingebautem Zustand justiert werden!

    Um den Sucher einzubauen die untere Fläche dünn mit Klebstoff bestreichen, Sucher vorsichtig einsetzten und ganz wichtig: Darauf achten, dass er mit der Seite an dem Metall anliegt!

    pasted-image-2.jpg

























    Das Blech montieren, die Feder einhängen und endlich kann der Entfernungsmesser justiert werden.

    E1: Horizontale Verstellung
    E2: Vertikale Verstellung

    Um den Entfernungsmesser zu justieren am besten einen Kirchturm oder den Mond verwenden, halt irgendetwas, was weiter als 200 Meter entfernt ist.

    IMG_0638 2-2.jpeg


    Nachdem der Entfernungsmesser justiert ist, den Rückspulknauf, den Belichtungsmesser und die „Karosserie“ montieren.


    Fertig! :thumbup:

    Minolta, Minolta, Minolta! :D

  • Eine super Anleitung, vielen Dank dafür. Ich versuche mich auch gerade darin, komme aber mit dem Ablösen des Sucherblocks nicht weiter. Der scheint wirklich gut festgeklebt zu sein. Gibt es da noch irgendwelche Tricks?

  • Ich kenne keine weiteren Tricks. Lösungsmittel würde ich auf keinen Fall verwenden, da die Linsen des Suchers vermutlich mit dem gleichen Material verkittet sind und diese sich dann auch lösen würden.

    Viele Grüße

    Minolta, Minolta, Minolta! :D

  • Besten Dank für die gute Anleitung :thumbup: und die Mühe, diese hier zugänglich zu machen! Konnte eine "blinde" Vitomatic IIa Ultron damit wiederbeleben (reinigen) und neu justieren. Zwei ergänzende Tips:

    1. Bei Demontage des Belichtungsmessers genügte es bei mir, die zwei Schrauben oben links und unten rechts im Foto zu entfernen. Die anderen beiden Schrauben halten lediglich die transparente Abdeckung und müssen nur entfernt werden, wenn man darunter reinigen will.

    2. Das Entfernen des Doppelbildsuchers gestaltete sich etwas mühselig, da der Weg nach links durch die Halterung des Rückspulknopfs versperrt wird. Es klappt aber tatsächlich, wenn man lange genug herumprobiert. Geholfen hat das vollständige Einklappen der Mechanik des Doppelbildsuchers (durch Fokussierung diesen nach links soweit wie möglich einschwenken). Dann nach Ausklinken der Feder solange vorsichtig herumkippeln, bis es passt und die Suchergruppe sich nach links herausziehen lässt. Später zum Einspannen der Feder bei Wiedermontage hat sich übrigens eine kleine Schlaufe aus Garn als nützlich erwiesen, die vorher von der rechten Seite durchgefädelt wurde und in die die Spannfeder dann eingehakt wurde.

    Ich bin nun gespannt auf den ersten Film - der große 1:1 Sucher begeistert jedenfalls schonmal! :)

  • Kann mir jemand bitte eine Info zu der ominösen Feder geben die man aushängen muss?

    Die die ich dafür gehalten hatte (s. Bild) ist eigentlich eine Feder die man besser nicht aushängt und die am Gehäuse verbleiben kann.

    Statt dessen ist mir auf der Suche nach der richtigen Feder schon vor dem Ausbau eine entgegen gekommen, und ich hab Null Ahnung was ich damit machen soll :)

    Die gute Nachricht: da einiges an der Mimik auch unterhalb der Deckplatte recht schwerfällig ist, werde ich mich noch tiefer in die Kamera buddeln müssen (als mir eigentlich lieb ist) und werde versuchen das hier auch mit Bildern fortzusetzen.

    Und ja, dem Sucher hat es schon sehr geholfen. Vielen Dank dafür!

  • Es handelt sich um die Feder, die im 5. Foto von Luca Barreca rot eingekreist ist:

    pasted-from-clipboard.png

    Sie ist dort einfach am Metallteil des Gehäuses eingehängt, ein Loch oder eine Öse gibt es dazu nicht. Das andere Ende hängt am beweglichen Teil des Doppelbildsuchers und zieht diesen in Position (entgegen der Bewegung der Fokussierung). Ich kann derzeit nicht aufschrauben, um genauer nachzusehen, da noch ein Film eingelegt ist :) - hoffe es hilft auch so etwas weiter…

  • Danke Daniel, ich hatte es inzwischen selbst heraus gefunden.
    Danke vor allem auch für den Tipp mit dem Faden. Der ist unbezahlbar :)
    Wer keinen Faden zur Hand hat, hat vielleicht Zahnseide wie ich ;)

    Ebenso ein paar weitere Details, die anderen hilfreich sein können.

    Der Glasblock des Suchers läßt sich nahezu "reibungslos" ein- und ausbauen, wenn man die Justierschraube für das kleine Fenster ziemlich weit rein dreht. Neu justieren muß man ja hinterher sowieso. Der Block ließ sich dann bei mir relativ einfach, gerade nach links (von hinten gesehen) über den Schaft des Rückspulknopfes herausziehen.

    Wer noch "tiefer" gehen will, kann ohne großes Unheil anzurichten auch die schwarze Deckplatte entfernen, die den oberen Teil von der darunter liegenden Mechanik trennt. Einige Teile die (wie bei meiner Kamera) schwergängig sind, sind dann schon mal leichter zugänglich.


    Aber das werde ich später beschreiben.

    Hat denn schon mal jemand das zugehörige Ultron zerlegt?

  • Hallo!

    Auch ich möchte mich für die gute Beschreibung bedanken. Leider konnte ich mein Problem nicht lösen: seit zwei Wochen kann ich durch den Sucher nicht mehr hindurchschauen. Ich habe ein Bild angefertigt: fast der ganze Sucher ist matt:

    IMG_20220502_120419.jpg

    Nach dem Auseinanderbauen sah ich, dass der Sucher in einem Block geklebt ist; das Matte scheint mir die Grenzschicht zwischen zwei Teilen des Suchers zu sein. Ist dies möglich? Hat jemand solche unbrauchbaren Sucher gesehen? Und vor allem: kennt jemand hier im Forum eine Möglichkeit, dies zu reparieren?

  • Nach dem Auseinanderbauen sah ich, dass der Sucher in einem Block geklebt ist

    Wenn dieses Teil für dich unbrauchbar ist, könntest du es einfach mit einem Föhn oder besser mit einer Heißluftpistole erwärmen

    und dadurch die beiden Teile voneinander trennen.

  • Hab gerade ein ähnliches Problem mit einer anderen IIa, der Block mit dem Entfernungsmesser hat sich komplett vom Hauptsucher gelöst. Vom erstern Gedanken das Ganze einfach fest zu klemmen und zu sehen, ob sich durch ausreichende Wärmezufuhr die Flächen wieder verbinden habe ich inzwischen Abstand genommen, da ich davon ausgehen muß, daß sich dann alle anderen Klebeflächen ebefalls auflösen und ich dann ein prima Linsen-Puzzle erhalte.

    Ich werde mir Azeton besorgen und Kandabalsam, und dann schaun mer mal ...

    Interessant auch, daß Voigtländer offensichtlich verschiedene Lösungen zur Befestigung der Sucher angewendet hat. Mit meinem bescheidenen Verstand von Mechanik kann ich mir vorstellen, daß die zusätzliche Befestigung per "Schelle" des "Fokussierblocks" sogar zum Bruch an besagter Stelle beigetragen hat.

    Links ein kompletter Sucher, rechts eine abgelöste Fokuseinheit die über eine angeklebte Schelle mit dem Gehäuserahmen verschraubt wird, während beim linken Sucher dieser Teil frei hängt.

    sucher.jpg

  • Jetzt muß ich noch mal die Sucherjustierer fragen, wie ihr das macht mit dem Einstellen.
    Die Schraube für die horizontale Justage läßt isch ja über einen sehr weiten Weg verstellen, aber bei mir ändert sich das Teilbild gefühlt gar nicht. Egal wie fein oder grob und in welche Richtung ich drehe. Es ist alles frei beweglich, ich sehe auch daß die Linse sich bewegt, aber wie gesagt gibt es keine Veränderung im Sucher.

    Ich frage mich auch, warum man die Linse justieren muß und nicht den Weg des Armes, denn der wird ja schließlich auch durch den Fokus des Objektivs bewegt.


    Was habe ich hier übersehen?

    Daniel Bauer bist du mit deinem Sucher weiter gekommen?
    Ich habe meinen von oben jetzt mit Kanadabalsam repariert und es schint zu halten. Allerdings ist er noch nicht wieder eingebaut.
    Ich habe einige Sucher die mehr oder weniger stark schillernde Stellen zeigen, aber keiner ist dadurch unbrauchbar.

  • Hallo Jürgen,

    ich musste bei mir nur horizontal justieren, das lief so ab:

    Durch Drehen der Justierschraube wird die Überlagerung (das Doppelbild / gelber Punkt im Sucher) verändert.

    Habe gemäß Objektivbeschriftung jeweils verschiedene Entfernungen fokussiert und jeweils auf ein Objekt mit gleicher tatsächlicher Entfernung das Doppelbild im Sucher übereinstimmend eingestellt. Zur schnellen Entfernungsmessung war ein Disto hilfreich, per Maßband sollte es - falls nicht zur Hand - aber natürlich auch gehen.

    (Hinweis am Rande: Dabei musste ich mich auf die Objektivbeschriftung verlassen, also davon ausgehen, dass das Objektiv korrekt kalibriert ist. Man könnte evtl. mittels aufgelegter Behelfs-Mattscheibe bei offener Rückwand auch das prüfen, aber damit kenne ich mich (noch) nicht aus...)

    Wenn sich bei dir nach Drehen der Justierschraube keine Veränderung im überlagerten Bild ergibt, dann passt irgendetwas anderes nicht. Mutmaßung ins Blaue hinein: Evtl. ist der Schwenkarm für das Doppelbild nicht korrekt eingesetzt?

  • Das ist ja genau das Problem. Die Schraube verändert die Position der Linse, aber das Bild ändert/verschiebt sich nicht.

    Spielt keine Rolle ob ich 30 Grad drehe oder 180 oder mehr.

    Unendlich am Objektiv passt auch das ist überprüft.

    Der Arm funktioniert einwandfrei, wenn man am Objektiv fokussiert.

  • Kleiner Nachtrag, wenn jemand andere Beobachtungen gemacht hat, widersprecht gerne.

    Durch verstellen der Linse erreicht man im besten Fall sehr geringe Änderungen in der Position des sekundären Sucherbildes. Bei mir wären aber teilweise (ich habe mehr als eine Vitomatic 🤷‍♂️🙈) Größenordnungen von der Breite eines Baumes in mehreren hundert Metern Entfernung nötig gewesen. Daher habe ich mich dazu entschieden den Arm im Käfig für den Sucher nachzujustieren. Das brachte den gewünschten Erfolg und ich konnte dann mit der Schraube eine Feinjustierung vornehmen.

    Falls es anders einfacher geht würde ich gerne hören wie.

    Inzwischen bin ich auch topfit was Reinigung des Hemmwerks und Vorlaufwerks betrifft, habe es aber noch nicht im Detail fotografiert.