Lichtmessung, die 1000ste

  • Guten Abend,

    über die Lichtmessung mit Kalotte liest man entweder, dass man zur Lichtquelle hin misst, oder dass man direkt zur Kamera hinmisst. Ich kapiers nicht, kann mich da einer einnorden? Folgendes habe ich vor:

    Kleiner Gegenstand vor dunklem Hintergrund im kleinräumigen Aufbau (40x40x40). Dazu 2 Kunstlichtquellen/Dauerlicht, eine diffus von oben, eine als Spot von schräg vorn. Spotmessung kommt mangels Spotmesser nicht primär in Frage, deswegen setze ich auf Lichtmessung. Allerdings habe ich doch, vereinfacht gesagt, nach der Literatur damit also drei Messziele zur Auswahl. Also, wohin richte ich die Kalotte?

    Das mit dem "zur Kamera" leuchtet mir ja ein, wenn damit gemeint ist, dass draußen in der Natur das Licht hinter dem Fotografen das Licht bestimmt. Vom Objekt aus betrachtet ist das also Richtung Kamera bzw. für Faule "nach hinten über die Schulter". - Im heimischen Küchenstudio ist hinter der Kamera unbeleuchteter Raum. Von dort kann also also nicht (wie draußen) das Gros des einfallenden Lichts herkommen. Messe ich stattdessen zu den Lampen, dürfte das Bild unterbelichtet sein, oder nicht?

    Danke und beste Grüße

    Carsten.

    Gott grüß die Kunst!

  • Du gehst mit deinen Belichtungsmesser ( mit Kalotte ) an das Objekt und misst die Belichtung grundsätzlich in Richtung Kamera. Falls du sehr starke Kontraste hast, z.B. seitliche Lichtquelle, kannst du auch in Richtung zwischen Lichtquelle und Kamera messen.

    Draußen im Freien mit der Sonne als Beleuchtung ist es egal, ob du am Objekt misst oder 2m weiter, wenn die Beleuchtungsverhältnisse gleich sind.

    Bei künstlicher Beleuchtung gilt dies nicht, da die Helligkeit bei Verdoppelung der Entfernung im Quadrat abnimmt. Bei der Sonne Aufgrund der weiten Entfernung spiel das keine Rolle.

    Hoffe das ist verständlich.

    Grüße

  • Hallo Carsten,

    mit so kleinen Motivräumen habe ich keine Erfahrung! Dennoch möchte ich dir schildern wie ich das Licht bei Akt- oder Portraitaufnahmen messe, vielleicht lässt sich da etwas auf deine Situation übertragen. Das Hauptlicht messe ich bei eingefahrener Kalotte in Richtung Licht. Dies verhindert schon ˋmal eine Überbelichtung. Den gemessenen Wert stelle ich mit einer entsprechenden Korrektur für den Lichtverlust bei Nahaufnahmen an der Kamera ein. Beispiel: Pentax67 mit 135mm Makro bei 0,8m Aufnahmeabstand. Zeit 1/30 Sek. Blende 11 (der gemessene Wert) + 1 Blende mehr Licht, um den Lichtverlust bei nahezu Vollauszug zu kompensieren, also Blende 8 am Objektiv einstellen. Jetzt das zweite Licht ausmessen (vom Motiv zur Lichtquelle) und je nach gewünschtem Kontrast und Film 2-4 Blenden geringer einstellen als das Hauptlicht.

    Ciao, Maik

  • Du misst am Motiv mit Kalotte zur Kamera, weil ja, so wie ich den Aufbau verstehe, sowohl das Licht von oben als auch der Spot direkt aufs Motiv scheinen. Das ist eigentlich leicht, weil Du hier kein Seiten- oder Gegenlicht hast, wo man ein bisschen mehr nachdenken müsste. Dann ist das Kernmotiv schon richtig belichtet.

    Wenn Du jetzt schon weisst, dass auf den Hintergrund kein Licht fällt, und ausserdem der Lichtabfall (mit 1/Entfernung^2) bei dem hier geschilderten Aufbau vermutlich sowieso proportional riesig ist, ist klar, dass der Hintergrund komplett schwarz wird, wenn der ein Stück weit weg ist und der Vordergrund so klein ist. Das ist das wichtigste Problem. Damit kann man sich abfinden, dann braucht man hier eigentlich auch nicht weiter zu messen. Oder man will den Hintergrund heller oder strukturierter haben (das wird wahrscheinlich besser aussehen als komplett schwarz). Dann würde ich einfach eine digitale Testaufnahme machen und den Hintergrund Pi-mal-Daumen richtig einstellen. Das ist in diesem Fall wohl leichter und besser als Messen, zumal ohne Spotmeter.

    Wissenschaftlichkeit: Das heißt zu wissen, was man weiß und was man nicht weiß. Unwissenschaftlich ist alles totale Wissen, als ob man im Ganzen Bescheid wüsste. (Karl Jaspers)

  • Servus Carsten,

    Messe ich stattdessen zu den Lampen, dürfte das Bild unterbelichtet sein, oder nicht?

    nein, das ist ja gerade der Witz der Lichtmessung, dass man eben das Licht misst. Draußen beim "Über-die -Schulter-Messen" machst dus ja auch, dann eben direkt "in die Sonne" oder den bedeckten Himmel, wenn der die Lichtquelle ist. Die Kalotte sorgt dafür, dass die Messung stimmt. Sven hat das schon ganz richtig erklärt.

    Karl

  • spannendes Thema - da kann ich vielleicht noch was lernen....

    Spontan hab ich gedacht : Nimm das Objekt weg, halt die Hand ins Licht und mach eine Objektmessung ohne Kalotte auf die Hand/Graukarte und dann je nach Objekt (hell/dunkel) vielleicht noch etwas Belichtungszeit anpassen.

    Ist das zu ungenau, weil spezieller Film ?

    Bin gespannt auf deine Ergebnisse, wenn sie zur Veröffentlichung freigegeben werden können.

    Gruss

    Hartmut D.

  • Hallo Carsten,

    wie üblich: es kommt drauf an.

    • Eine Halbkugelkalotte bei einfachen Belichtungsmessern misst integral das Licht aus allen Richtungen des Halbraumes. Daher richtet man, wie Maximilian oben empfohlen hat, den Belichtungsmesser in Richtung Kamera. Diese Methode funktioniert nur, wenn das zu fotografierende
      Motiv maximal einen Kontrast hat, auf den der Belichtungsmesser kalibriert ist (meist 5,5-6 Blendenstufen oder 12-14% Reflexion).
      Die von Dir schon angesprochene Spotmessung mit genauer Erfassung des Motivkontrastes wäre sicher die Methode der Wahl. Die macht aber auch nur Sinn, wenn man die Film-Entwicklerkombination genau eingetestet hat und die Dichtekurve kennt.
    • Ein Flachdiffusor (einfache Streuscheibe oder zurückgezogene Kalotte) misst vorzugsweise nur das Licht aus der Richtung, in die der Belichtungsmesser gerichtet ist. Das ist geeignet zur Messung des Beleuchtungskontrastes bei mehreren punktförmigen Lichtquellen. Das ist einschließlich einer Korrektur nach Erfahrung die Profimethode von Maik.

    Gruß, Manfred

  • halt die Hand ins Licht und mach eine Objektmessung ohne Kalotte auf die Hand/Graukarte

    Zur 18%-Graukarte: die ist ein nicht ausrottbarer Mythos. Das wusste auch Kodak und empfiehlt nach richtiger(!) Messung auf deren Graukarte die Blende um 1/2 Stufe weiter zu öffnen.

    Zur Messung auf die Hand: Die Handfläche ist recht klein und man muss mit dem Belichtungsmesser so nah rangehen, dass man riskiert, mit den ca. 30° Messwinkel den eigenen Schatten zu messen. Selbst wenn man das vermeiden kann, ist die Hand ca. 1 Stufe heller als die Graukarte, für eine richtige Belichtung eines durchschnittlichen Motivs muss man also 1,5 Blendenstufen zugeben.

    Mehr Details dazu möglicherweise >hier<.

    Beste Grüße, Manfred

  • die Lichtmessung ist eigentlich total zuverlässig, es sei denn, das zu fotografierende Objekt leuchtet in irgendeiner Form selbst. Dann sollte man Belichtungsreihen machen oder digital testen.

  • es sei denn, das zu fotografierende Objekt leuchtet in irgendeiner Form selbst

    ... oder der Motivkontrast ist höher als ein vom Hersteller des Belichtungsmessers angenommener mittlerer Kontrast. Und wenn der Motivkontrast niedriger ist, könnte man mit geringerer Belichtung die Qualität des Negativs optimieren (und bei Planfilm zum Ausgleich länger entwickeln).

    digital testen

    Vorsicht: Die Empfindlichkeit von Digitalsensoren ist anders definiert als die von Film und wird von den Herstellern nach deren Zielen angegeben: ausgerichtet an der Rauschgrenze oder an der Sättigungsgrenze des Sensors. Das kann, aber muss nicht mit der Anzeige eines konventionellen Handbelichtungsmessers übereinstimmen (ausgerichtet an der Dichtekurve eines Films). Man braucht möglicherweise einen individuell zu ermittelnden Korrekturfaktor. Handies und moderne Digiknipsen werten die Motive nach irgendwelchen KI-Regeln aus und sind für Vergleichsmessungen eher ungeeignet.

    Gruß, Manfred

  • Hallo zusammen,

    habt vielen Dank für Eure zahlreichen Antworten. Ich nehme für mich mit, dass die Umschreibungen „zur Kamera“ bzw. „zur Lichtquelle“ dann synonym verwendet werden können, wenn die Richtung ungefähr gleich ist. Falls nicht, muss man sich was ausdenken, etwa indem man zwischen Licht und Kamera misst.

    In diesem Fall war es nun so, dass die Messung mit dem Sekonic L-208 mit Kalotte zur Kamera eine Zeit von 2 Sekunden vorschlug. Das hab ich mal stark bezweifelt und habe mehrere Objektmessungen vorgenommen. Tatsächlich fehlte ja in dem Aufbau bei der Lichtmessung Richtung Kamera das Licht, das das Objekt diffus seitlich beleuchtet (statt von oben, wie im Eingangsbeitrag beschrieben).

    Und weil ja die die Frage nach Studioaufbau und den Bildern aufkam: Das Egebnis gibt es im Thread „Ein Sauerteig wächst“

    Entschieden habe ich mich dann für 1/8 Sekunde. Den Kontrastumfang habe ich durch wilde technische Improvisation auf 5 Blenden geschätzt.

    Fotografiert habe ich dann sicherheitshalber auch eine zweite Version mit 1/4 Sekunde, aber fand die Negative dann schon fast zu dicht.

    – den FP4 plus hatte ich mit ISO 100 belichtet und bei der Entwicklung um eine gute Minute auf 9 Minuten verlängert, um die Lichter noch ein bisschen herauszuarbeiten.

    Beste Grüße

    Carsten.

    Gott grüß die Kunst!

  • Der L208 hat keine kugelförmige Kalotte, die ist hier ja nur ganz leicht angedeutet, deshalb kann er prinzipbedingt nicht das Gleiche wie ein Belichtungsmesser mit Kalotte. Ich würde empfehlen, das mindestens nochmal mit einem richtigen Belichtungsmesser zu wiederholen und die Ergebnisse zu vergleichen. Mit diesem Gerät hatte ich auch schon "unerklärliche" Fehlmessungen, die dann am Ende doch nicht so unerklärlich waren.

    Wissenschaftlichkeit: Das heißt zu wissen, was man weiß und was man nicht weiß. Unwissenschaftlich ist alles totale Wissen, als ob man im Ganzen Bescheid wüsste. (Karl Jaspers)